Ein Sammlungsschwerpunkt in den Botanischen Gärten der Universität Bonn sind die sogenannten Geophyten. Das sind Pflanzen, die sich zu unwirtlichen Jahreszeiten unter die Erde zurückziehen und dort in Form von Zwiebeln oder Knollen bis zur nächsten Saison überdauern. Zu den Geophyten gehören zum Beispiel die bei uns bekannten Frühjahrsblüher wie Schneeglöckchen, Krokus und Buschwindröschen. Viele Geophyten gibt es aber auch im Mittelmeergebiet, wo sie die trocken-heißen Sommer im Boden überdauern. Die Traubenhyazinthen (Gattung Muscari) und die Narzissen (Gattung Narcissus) zählen zu diesen Geophyten und sind mit besonders vielen Arten im gesamten Mittelmeergebiet verbreitet. Ein Großteil dieser Arten wird bei uns in den Botanischen Gärten kultiviert. Für deren Pflege ist der erfahrene Gärtner Michael Neumann zuständig.
Tim Böhnert, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen, untersuchte seit einigen Jahren die Gattung Muscari. Gemeinsam mit Michael Neumann und den Professoren Dietmar Quandt sowie Max Weigend veröffentlichte er nun eine umfassende Studie anhand von Material aus den Botanischen Gärten. Mit Hilfe von Genomsequenzen konnten die Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der Gattung Muscari aufgeschlüsselt werden. Die Daten zeigen klar, dass die bislang als eigene Gattung abgegrenzten Arten der Leopoldia- und der Pseudomuscari-Gruppe doch in die Gattung Muscari gehören. Demzufolge mussten die Namen einiger Arten geändert werden -- und im Garten werden somit nach und nach einige Schilder ausgetauscht werden. So heißt zum Beispiel die 2017 neubeschriebene Traubenhyazinthe aus Griechenland nicht mehr Leopoldia neumannii, sondern Muscari neumannii.
Die aktuelle Publikation ist nur ein Teil eines größeres Forschungsprojektes. Aktuell werden die Analysen auf den weiteren Verwandtschaftskreis ausgeweitet, es soll die Evolution der Hyazinthen- und schließlich der gesamten Spargelgewächse aufgeklärt werden.
- Böhnert, T., Neumann, M., Quandt, D. & Weigend, M. (2023): Phylogeny based generic reclassification of Muscari sensu lato (Asparagaceae) using plastid and genomic DNA. Taxon. https://doi.org/10.1002/tax.12864
Florian Losch ist Doktorand am Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen. In der Arbeitsgruppe von Professor Weigend promoviert er über die Duftstoffe, die von Pflanzen an die Umgebungsluft abgegeben werden. Ein Ziel ist seiner Arbeit ist, ein Gerät für die automatisierte Erfassung von solchen Duftproben zu entwickeln. Als pflanzliche Versuchsobjekte hat er sich die Gattung Narcissus ausgesucht. Viele Narzissen duften sehr intensiv, doch nicht jede Duftnote ist angenehm - auch Fäkalgerüche sind dabei. Die jetzt publizierten Ergebnisse zeigen, dass jede Art ihr ganz individuelles Duftspektrum besitzt, dass nah verwandte Arten aber häufig ähnlich riechen.
Mit dieser Studie über die Narzissendüfte gelang es Florian Losch aber auch, eine neue Methode der Duftanalyse zu testen und zu etablieren. Dafür wird ein Ionen-Mobilitäts-Spektrometer mit gekoppelter Gaschromatographie genutzt. Das Gerät verfügt über einen integrierten, mit adsorbierendem Material gefüllten „Chip“, welcher zusätzlich ein Aufkonzentrieren von Proben ermöglicht. Damit ist es möglich, bereits sehr kleine Duftstoffmengen zu analysieren. Die Studie ist Teil des Projekts "Smellscapes" im Rahmen des BMBF-geförderten Verbundvorhabens AMMOD (Automated Multisensor Stations for Monitoring of BioDiversity).
- Losch, F., Liedtke, S., Vautz, W., & Weigend, M. (2023): Evaluation of floral volatile patterns in the genus Narcissus using gas chromatography–coupled ion mobility spectrometry. Applications in Plant Sciences e11506. https://doi.org/10.1002/aps3.11506