Am Dienstag, den 10. Januar, haben wir im Botanischen Garten ein kleines Experiment gestartet. Zwei Ziegen sollen für ein paar Tage lang auf ganz natürliche Weise helfen, eine naturnahe Grasfläche zu beweiden.
Die betreffende Fläche liegt in unserer „Biotop-Anlage“, wo wir charakteristische Vegetationsformen und Lebensräume aus dem Bonner Umland zeigen. Speziell geht es um den Kalkmagerrasen, eine Vegetationsform, die man zum Beispiel in der Eifel recht häufig findet. Diese Flächen sind einst durch die Nutzung des Menschen entstanden. Die eigentlich dort vorhandenen Buchenwälder wurden gerodet und durch die Beweidung mit Schafen und Ziegen wurden die Flächen dauerhaft offen gehalten. Im Laufe der Jahrhunderte sind diese Magerrasen zu ganz besonderen Ökosystemen geworden, die besonders reich an seltenen Pflanzenarten sind, zum Beispiel Orchideen und Enzian. Ohne Beweidung oder Mahd würden diese Rasenflächen wieder mit Sträuchern und Bäumen zuwachsen.
Bei uns im Garten wird diese vor ca. 30 Jahren angelegte Fläche normalerweise gemäht, nicht beweidet. Im Laufe der Jahrzehnte haben einige der ursprünglich dort angesiedelten Pflanzen überhand genommen, zum Beispiel einige Gräser und der Kleine Wiesenknopf (Sanguisorba minor). Andere Pflanzen, die wir auch zeigen wollen, sind fast verdrängt worden, zum Beispiel der Kreuz-Enzian (Gentiana cruciata) oder die Kuhschelle (Anemone pulsatilla). Wir erhoffen uns durch das aktuelle Experiment, dass die Ziegen durch den jeweils individuellen Geschmack beim Fressen, und vielleicht auch durch das Scharren mit ihren Klauen, die Grasnarbe aufbrechen und etwas mehr Struktur in die Fläche bringen. Dadurch sollen die Pflanzen in der nächsten Saison zu besserem Wachstum angeregt werden.
Die beiden Ziegen kommen von einem Ziegenhof aus Buchholz und werden dorthin zurück gebracht, sobald sie hier ihre Arbeit verrichtet haben - vermutlich in ein bis zwei Tagen. Wir beobachten jeden Tag, wie viel sie gefressen haben, und vereinbaren dann die Abholung durch ihren Besitzer. Sie sind hier bestens versorgt, bekommen stets frisches Wasser und können sich bei Regen unterstellen. Bei den beiden Tieren handelt es sich um Walliser Schwarzhalsziegen, eine sehr robuste, wetterfeste Rasse aus den Alpen. Auch bei der aktuell für Menschen eher ungemütlichen Witterung fühlen sie sich draußen pudelwohl.
Weitere Informationen zum Ziegenhof finden Sie unter https://lpmz.de/
Vorsicht: Damit die Ziegen sich nicht über den Rest unseres Gartens hermachen, ist die Fläche mit einem orangefarbenen Elektrozaun eingegrenzt. Bitte berühren sie diesen nicht, es kann sonst schmerzhaft werden!
Update 16. Januar: Die Ziegen waren letztlich 4 Tage lang bei uns im Garten und haben hervorragende Arbeit geleistet. Das Gras wurde kräftig heruntergefressen - auch dank der Verstärkung durch 5 "Deutsche Edelziegen", die am letzten Tag noch dazu kamen. Wir planen, den Einsatz später im Jahr noch einmal zu wiederholen.