Universität Bonn

Botanische Gärten

Aktuelle Forschungsprojekte in den Gärten

Hier berichten wir über aktuelle Forschung, die in unseren Gärten betrieben wird. Kleine und große Projekte kommen immer mal wieder neu dazu – und wir freuen uns immer, wenn wir zur Erforschung der biologischen Vielfalt beitragen können.

Zwei hellgrün-weißliche Plastik Birnen hängen von einem Ast von einem Baum herunter, im Hintergrund zu sehen ist die Glaswand eines Gewächshauses.
© C. Löhne / Universität Bonn

Rewilding the Night

Sind Ihnen schon die weißen Plastik-Birnen aufgefallen, die in Paaren im Schlossgarten an verschiedenen Stellen in den Zweigen hängen? Bei ihnen handelt es sich um Sensoren, mit denen unterschiedliche Arten von Lichtmessungen durchgeführt werden. Damit soll Lichtverschmutzung in der Stadt Bonn analysiert werden.

Die Sensoren wurden Ende Juli 2023 installiert und sind Teil des Projektes Rewilding the Night, welches von Dr. Taylor Stone (Institut für Wissenschaft und Ethik) geleitet wird, und dem Transdisziplinären Forschungsbereich „Sustainable Futures“ der Universität Bonn zugeordnet ist.

Dieses Projekt hat mithilfe eines interdisziplinären Teams von Forscher*innen das Ziel, die Zukunft der Städte nach Einbruch der Dunkelheit zu erforschen. In einer ersten Projektphase werden Sensordaten erhoben, und Strategien entwickelt, um diese für Bürgerinnen und Bürger verständlich und interessant zu präsentierten. So soll für die Auswirkungen der Lichtverschmutzung in Städten sensibilisiert werden.

Tagfalter-Monitoring

Waren Sie neulich im Garten spazieren und haben eine Gruppe Studierende mit Keschern, Kameras und Büchern getroffen, die sich sehr konzentriert und doch suchend umgesehen haben? Einmal pro Woche im Zeitraum von April bis September besucht uns die Bonner NABU Hochschulgruppe und hält Ausschau nach Tagfaltern.

Dies passiert im Rahmen eines vom Helmholtz-Institut für Umweltforschung bundesweit angelegten Monitorings für Tagfalter. Damit wird ein Beitrag zu einem Datensatz geleistet, der mittlerweile alljährlich von über 2000 Ehrenamtlichen in ganz Deutschland erhoben wird. Das Hauptziel des TFM ist ein bundesweiter Überblick über die Bestandsentwicklung der Tagfalterarten. Fragen zu Trends in den Häufigkeiten, Verbreitungsgebieten, Ein- und Auswanderung, Habitatnutzung, Flugzeiten, Zusammensetzung von Artgemeinschaften, Einflüssen von Landnutzung und Klimawandel und viele weitere können mit den erhobenen Daten besser beantwortet werden.

Bisher wurden in unserem Garten entlang definierter Transekte die Arten Tagpfauenauge, Aurorafalter, Zitronenfalter und Grünader-Weißling nachgewiesen. In den nächsten Wochen wird mit dem nun begonnenen Frühling und Sommer noch einiges dazukommen. Die Falter werden für die Bestimmung vorsichtig eingefangen, ohne sie direkt zu berühren, und werden danach sofort wieder freigelassen.

Fünf Jugendliche mit großem Kescher und Kamera schauen alle auf einen Zettel in ihrer Mitte vor dem Poppelsdorfer Schloss
Die NABU Hochschulgruppe bei einer ihrer ersten Zählungen im April vor dem Poppelsdorfer Schloss. © C. Löhne / Universität Bonn
Eine durchscihtige Petri-Schale in zwei Händen, in der Petrischale sitz am unteren linken Rand ein braun grauer Tagfalter
Weiblicher Aurora-Falter (Anthocharis cardamines) sitzend in Petri-Schale. © C. Löhne / Universität Bonn
Zwei Studierende schauen in einen großen Kescher unten rechts im Grünen
Zwei Studierende der NABU Hochschulgruppe schauen, was sich im Kescher versteckt. © C. Löhne / Universität Bonn
Grüne Wiese und Büsche und Bäume im Hintergrund, in der Mitte hellbraunes Holzhaus an Holzstange, zwei Seiten mit kleinen Löchern besetzt
Das Wildbienenhotel bei uns im System im Schlossgarten. © C. Löhne / Universität Bonn

Wildbienenhotels

Ist Ihnen das im System des Schlossgartens stehende kleine Holzhaus am Stiel aufgefallen? Dabei handelt es sich um eines von fünf Wildbienenhotels, welche seit März in ganz Bonn verteilt stehen. Initiiert wurde dies von Dr. Antonia Mayr, die seit Mai 2023 als Juniorprofessorin für Tier-Pflanze-Interaktionen an der Universität Bonn tätig ist. Die "Hotels" bieten viele Nistplätze und soll mit etwas Glück die Ansiedelung von verschiedenen Wildbienenarten im Laufe des Jahres fördern.

Gerade in den Sommermonaten ist Hauptnistzeit und mit etwas Glück und Geduld kann man hier momentan Bienenmütter beobachten, die mit Pollen, Lehm oder anderen Materialien in einem der Löcher des kleinen Holzhauses verschwinden, um für ihren Nachwuchs Brutzellen zu bauen

Im Herbst wird dann das Hotel geöffnet und reingeschaut, um im Zuge eines Monitorings beispielsweise aufzunehmen, welche Bienenarten Nester angelegt haben, wie viele Nachkommen sie produziert haben und welchen Pollen sie als Futter für ihre Brut gesammelt haben. Die Larven schlüpfen dann im nächsten Frühjahr.

Ansprechpartnerin bei Fragen zu dem Projekt ist Dr. Antonia Mayr (E-Mail).

Bestäubungsexperiment

Sind Ihnen neulich beim Spaziergang entlang des Weihers an unserer Biotopanlage die etlichen kleinen weißen Hütchen aufgefallen?

Insgesamt 44 kleine, weiße "Bojen" schwammen im Mai und Juni auf dem Weiher. Damit wurde die Bestäubungsbiologie der Wasserpflanze Ähriges Tausendblatt (Myriophyllum spicatum), deren unauffälliger Blütenstand aus dem Wasser herausragt, untersucht. Die kleinen „Bojen“ sind innen hohl und umschließen jeweils einen Blütenstand mit einem feinmaschigen Gewebe, um eine Bestäubung durch Insekten oder den Wind zu verhindern.

Zusätzlich wurden noch 30 kleine, bunte Fähnchen im Wasser verteilt, die weitere Blütenstände markieren. Diese Blütenstände konnten ganz normal bestäubt werden. Nach der Blütezeit wurden alle Blütenstände geerntet und verglichen, welche Blüten befruchtet wurden und Früchte ansetzen.

Die aufwendige Konstruktion mit den Bojen war notwendig, da das Ährige Tausendblatt kaum über Stützgewebe, wie zum Beispiel Holzfasern, verfügt. Die Blütenstände werden nur durch luftgefüllte Gewebe, ähnlich wie ein Schwimmring, über Wasser gehalten. Das zusätzliche Gewicht des Fliegengitters würde die Blütenstände sofort sinken lassen.

Das Experiment dient dazu zu verstehen, welchen Einfluss Wind und Insekten auf die Bestäubung vom Ährigen Tausendblatt haben und welcher der beiden Faktoren wichtiger für die Bestäubung ist. Nur durch Ausschluss der einzelnen Faktoren ist es möglich, diese Rückschlüsse zu ziehen.

Verantwortlicher für dieses Projekt und Ansprechpartner bei Fragen ist Dr. Julius Jeiter vom Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen

Kleine weiße Haube schwimmt auf Wasser
Mit dieser selbstgebastelten Haube aus feinmaschigem Gaze-Stoff sollen Insekten von den Blüten des Ährigen Tausendblatts (Myriophyllum spicatum) abgehalten werden. © C. Löhne / Universität Bonn
Eine Person in Watthosen und einem gelben Oberteil steht knietief im Wasser, im Hintergrund hohes grünes Gras oder Schilf. Die Person setzt gerade eine kleine weiße Boje ins Wasser. Rechts von ihr schwimmen bereits zwei Stück.
Das Einsetzen der Hauben. Die Konstruktion ist aufwändig aber nötig, da das Ährige Tausendblatt kaum über Stützgewebe wie zum Beispiel Holzfasern verfügt. © J. Jeiter / Universität Bonn
Weiher mit Wasser, auf dem Wasser schwimmend kleine weiße runde Hütchen, grünes Ufer, Bäume und Häuser im Hintergrund
Der Melbweiher in der Biotopanlage des Schlossgartens und viele kleine weiße fast unauffällige schwimmende Hütchen, die über die Blütenstände von dem Ährigen Tausendblatt (Myriophyllum spicatum) gesetzt wurden. Mit diesen Versuchen wollen Forschende des Nees-Instituts herausfinden, ob die Pflanzen auf den Besuch von Insekten für die Befruchtung angewiesen sind oder ob auch ohne Insekten Samen gebildet werden. © J. Jeiter / Universität Bonn
Am Ast eines blattlosen Baums hängt eine Raketenförmige Falle mit einem transparenten Behälter oben und grünem Plastik unten
Fallen für die Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys), ein invasiver Pflanzenschädling © C. Löhne / Universität Bonn
Adulte braun gescheckte Wanze, Nahansicht
Adultes Exemplar der marmorierten Baumwanze, gefunden im botanischen Garten 2021 © J. Mutke / Universität Bonn
Eigelege der Wanze
Eigelege der marmorierten Baumwanze © T. Böhnert/ Universität Bonn

Monitoring  einer Schädlingswanze

An vier verschiedenen Standorten in unseren Gärten hängen raketenförmige Behälter an Ästen, etwas ab vom Schlag. Was hat es damit auf sich?

Dies sind Rescue®-Fallen, die mithilfe eines Lockstoffs die sogenannte Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys) einfangen sollen. Diese Wanze gilt als in Mitteleuropa invasiver Pflanzenschädling, der sich in den letzten 20 Jahren extrem stark besonders in Nordrhein Westfalen ausgebreitet hat.

Die Tiere saugen an Blättern und vor allem reifenden Früchten von über 300 Wirtspflanzenarten und haben nachweislich bereits für starke wirtschaftliche Einbüßen im Obst- und Gemüseanbau gesorgt. Auch weiterhin nehmen die Schadensmeldungen deutlich zu. Um die Ausbreitung des invasiven Schädlings mehr in den Griff zu kriegen, hat die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen (LWK) ein Monitoringprogramm entwickelt.

Dafür stehen die Fallen noch bis November auch in unseren Gärten und werden alle 7 bis 14 Tage ausgeleert und die Anzahl der Fänge der LWK vermittelt. Zusätzlich muss ab Mai und evtl. August nach potentiellen Eiablagen gesucht werden.

Ansprechpartnerin bei Fragen ist die Sachbearbeiterin des Wanzenmonitorings am LWK, Frau Julia Müller.

Experimentelle Wetterstation

Im nicht öffentlichen Bereich unseres Schlossgartens steht eine kleine Wetterstation, die vom Institut für Geowissenschaften der Uni Bonn konstruiert wurde.

Die Verantwortlichen um Jolam Neumann und Prof. Dr. Thorsten Geisler-Wierwille untersuchen mit künstlicher Bewitterung, die tatsächlichen Umweltbedingungen so nah wie möglich kommt, ob sich die Oberflächen von Gesteinen in Nordwest-Australien (Murujuga-Halbinsel) durch industrielle Emissionen signifikant schneller verändern als ohne menschlichen Einfluss. Gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Silikatforschung und einer internationalen Arbeitsgruppe sollen dafür auf Murujuga mehrere Messstellen aufgebaut werden.

In unserem Garten wird nun getestet, ob die dafür nötigen Wetterstationen über einen längeren Zeitraum stabil und autonom laufen. Das Murujaga- Areal soll bald UNESCO Weltkulturerbe werden, da auf den Steinen bis zu 40.000 Jahre alte Felszeichnungen (Petroglyphen) gefunden wurden. Die aktuelle Forschung könnte einen Teil zum Erhalt der Petroglyphen beitragen.

Große silberne Wettertstation auf grünem Gras stehend neben Gewächshäusern, im Hintergrund großer Baum
Eine experimentelle Wetterstation steht im Schlossgarten im nicht-öffentlichen Bereich, um für Forschung des geologischen Instituts in Westaustralien getestet zu werden. © C. Löhne / Universität Bonn
Im rechten Teil des Bildes steht auf einem grauen Stativ ein grüner Kunststoffaufbau, unter dem Stativ ein grüner Kasten. Im Hintergrund ein weißes Pavillondach und Wiese und Bäume
Der Aufbau einer der "Wetterstationen für Artenvielfalt" des AMMOD Projektes im Melbgarten: Neben einer tatsächlichen kleinen Wetterstation sind verschiedene Mechaniken, u. a. zum Laute und Fotos aufnehmen, integriert. © C. Löhne / Universität Bonn

AMMOD

In unserem Melbgarten steht eine „Wetterstation für Artenvielfalt“.  Dabei handelt es sich um einen Prototypen einer automatisierten Biodiversitätsstation, mit der die biologische Artenvielfalt aufgenommen werden soll. Die Station ist zentraler Bestandteil des AMMOD-Projekts. AMMOD steht für Automatisierte Multisensor-Stationen für das MOnitoring der biologischen Diversität.

Eine Herausforderung für die Biodiversitätsforschung ist die Dokumentation von Verlusten und Veränderungen von biologischer Vielfalt und Gemeinschaftsstrukturen. Artzählungen konnten meist nur punktuell betrieben werden. Hier kommt AMMOD ins Spiel. Die Station beinhaltet autonome Probennehmer für Insekten, Pollen und Sporen, Audiorekorder für lautstarke Tiere, Sensoren für flüchtige organische Verbindungen, die von Pflanzen emittiert werden (pVOC), und Kamerafallen für Säugetiere und kleine Wirbellose. Darüberhinaus hat sie auch eine kleine tatsächliche Wetterstation integriert, damit die Witterungsbedingungen erfasst werden können.

AMMODs sind weitgehend eigenständig und können die Daten vor der Übertragung an die Empfangsstationen zur Speicherung, Integration und Analyse vorverarbeiten (z.B. zur Rauschfilterung).

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